Sonst nichts Neues – Die Feldpostbriefe des Ulrich Ditzen

Projektträger: Hans-Fallada-Gesellschaft e. V.

Projektinhalte: Eine Comicbroschüre zum Ersten Weltkrieg stellt aktuelle Fragen.

Das Projekt „Sonst nichts Neues“ möchte eine kritische Auseinandersetzung mit Vorurteilen, Feindbildern und Ausgrenzungen ermöglichen. Im Mittelpunkt der Förderung durch das Bundesprogramm „Demokratie leben“ steht die Erarbeitung von pädagogischen Bildungsmaterialien zum Besuch der gleichnamigen Wanderausstellung ab Sommer 2018 im Hans-Fallada-Museum Carwitz (Feldberger Seenlandschaft) sowie nachfolgend an weiteren Ausstellungsorten.

Ausgangspunkt des Gesamtprojektes ist das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren (1918–2018) und somit Fragen an die Folgen von Krieg, Militarismus und Gewalt. Ort und Zeitpunkt der Ausstellung im kommenden Jahr sind nicht willkürlich gewählt, sondern eng miteinander verknüpft.

Das Ausstellungsprojekt „Sonst nichts Neues“ zeigt die Biografie des Bruders von Hans Fallada, der bürgerlich Rudolf Ditzen hieß und als berühmter Autor in Carwitz lebte und schrieb. Sein drei Jahre jüngerer Bruder Ulrich Ditzen, geboren 1896 in Greifswald, wurde im August 1914 als Schüler zum Kriegsfreiwilligen. Vier Jahre lang war er als Soldat an der Westfront eingesetzt, in Nordfrankreich. Währenddessen bewegte sich die Front kaum, Ulrich diente als Artillerist an Geschützen. Er erlebte den militärischen Alltag, überlebte Verwundungen und war dem Wahnsinn des Krieges ausgesetzt. Seine Gedanken und Gefühle verpackte er in Briefe in die Heimat.

Er starb mit 21 Jahren, wenige Wochen vor Kriegsende, Mitte August 1918 durch einen Volltreffer auf seinen Unterstand. Einer von 10 Millionen Kriegstoten in Europa. Der junge Leutnant und Träger des Eisernes Kreuzes wollte eigentlich Medizin studieren und hatte Zukunftspläne. Geblieben sind nur seine Briefe an die Eltern, die sie sorgsam aufbewahrten. Heute schauen wir auf diese Feldpostbriefe als spannende und vielschichtige Quellen, weil sie uns Einblicke in die subjektive Wahrnehmung eines jungen Menschen geben, der ähnliche Fragen an das Leben stellte wie heutige Jugendliche: Wofür lohnt es sich zu leben? Warum gibt es Kriege? Warum hassen sich Menschen?

Durch gegenwärtige Konflikte sind Fragen und Ängste um neue Kriegen wieder ins Zentrum der Diskussion gerückt. Viele Umfragen zeigen: Nichts fürchten junge Leute mehr als einen Krieg. Vor diesem Hintergrund können vermeintlich historische oder eher ferne Themen wie der Erste Weltkrieg ganz unmittelbare Fragen und Probleme ansprechen. Und zwar nicht als trockener oder verordneter Schulstoff, sondern anhand einer individuellen Biografie. So wird Geschichte greifbar und weckt Neugier, ohne zu vereinfachen oder zu verklären.

Vermittelt durch die Perspektive des jungen Briefschreibers Ulrich entstehen direkte Bezüge und Rückfragen an unsere Gegenwart: Gewalt als Konfliktlösung, Antipluralismus, politischer Extremismus, Demokratiefeindlichkeit, Feindbilderziehung oder menschenfeindliche Einstellungen.

Während die Ausstellung ein breites Publikum anspricht, ergänzt eine eigenständige Broschüre als pädagogisches Bildungsmaterial den Besuch von Jugendlichen und Jugendgruppen. Die Broschüre arbeitet mit Comic-Elementen und transportiert dadurch Fakten und Wissen innovativ. Im Heft lernen wir durch Zitate, Zeichnungen und Fotos den jungen Soldaten Ulrich kennen, der gerne liest und sich viele Gedanken über das Leben macht, während neben ihm das Sterben zum Alltag wird.

In der bisherigen Projektarbeit erfolgte u. a. die thematische Erarbeitung der Inhalte des Bildungsmaterials, die Archivrecherche und Textauswahl, die Quellen- und Bildrecherche sowie die pädagogische Konzeptentwicklung. In enger Zusammenarbeit mit der Grafikerin Julia Tripke wurde ein Entwurf der Broschüre konzipiert, ein Layout festgelegt und in Arbeitssitzungen die Verarbeitung des Quellenmaterials weiterentwickelt. Eingebunden in die Erarbeitung sind auch Pädagogen, politische Bildner und Multiplikatoren, deren Anregungen und Hinweise in das Endergebnis einfließen.

Die Broschüre arbeitet bewusst mit Comic-Zeichnungen, die im Stil einer Graphic Novel das Themenfeld Krieg aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Ziel der weiteren Arbeit bis Ende 2017 ist eine ca. 40-seitige Comicbroschüre, die als Mitmach-Heft angelegt ist. Lösungsansätze und Antworten finden sich auf den Ausstellungstafeln oder können von den Jugendlichen selbstständig formuliert bzw. diskutiert werden. Das Heft bietet aber auch Arbeitsblätter, historische Dokumente und Abbildungen zu Verlauf und Folgen des Weltkrieges. Daneben bleibt Raum für eigene Notizen und Gedanken.

Der Besuch der Ausstellung und die Arbeit mit dem Bildungsmaterial bietet Möglichkeiten für historisches Lernen, eine Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen sowie das Kennenlernen von Quellen und Wissen zum Ersten Weltkrieg. Die Broschüre eignet sich somit auch zur Vor- und Nachbereitung eines Bildungsprojektes, vor allem im außerschulischen Kontext. Die Ausstellung soll nach der ersten Schau in Carwitz als Wanderausstellung an weiteren Orten angeboten werden, um unterschiedliche Räume und Besucher zu erreichen.

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